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Gastroenterale Erkrankungen beim Hund

Gastroenterale Störungen beim Hund sind ein Standardthema in der Praxis. Lesen Sie hier, wie Sie Magen-Darm-Probleme lokalisieren, und lernen Sie passende Ernährungstipps kennen, die konkret und leicht umsetzbar sind.

Mehr als 13 Prozent der vorgestellten Hunde in der Praxis haben Probleme mit dem Verdauungstrakt. Damit rangieren gastrointestinale Störungen auf dem zweiten Platz, hinter Erkrankungen der Haut. Berücksichtigt man, dass bei einem Teil der Haut-Patienten die Probleme ebenfalls ihren Ursprung im Magen-Darm-Trakt haben, könnte der Anteil sogar noch höher sein.

Störungen des Gastrointestinaltrakts: Von der Maulhöhle bis zum Enddarm

Verdauungsprobleme können an verschiedenen Orten des Magen-Darm-Traktes lokalisiert sein. Nachdem die Nahrung in der Maulhöhle grob zerkleinert, mit amylasehaltigem Speichel vermengt und abgeschluckt wurde, gelangt sie in den Magen: Hier vermischt sich der Speisebrei mit Magensäure.

Lokalisation Magen

Anorexie und Erbrechen, möglicherweise mit Schleim- und/oder Gallebeimengungen, gegebenenfalls auch mit Blut, können auf eine Gastritis hindeuten. Die Auslöser sind vielfältig und reichen von primären Ursachen wie Futterwechsel, der Aufnahme von Verdorbenem oder Giftstoffen, der Einnahme von NSAIDs, über Futtermittelunverträglichkeiten bis hin zu Infektionen. Zudem sind sekundäre Gastritiden infolge anderer Grunderkrankungen (etwa Nieren- oder Lebererkrankungen) möglich. Akute unkomplizierte Magenschleimhautentzündungen, die nicht durch eine behandlungsbedürftige Grunderkrankung hervorgerufen werden, sind oft selbstlimitierend. In vielen Fällen tragen diätetische Maßnahmen zu einer schnellen Linderung bei. Dazu zählt eine Nahrungskarenz für etwa einen Tag. Anschließend ist eine leicht verdauliche Schonkost, etwa Reis oder Kartoffelpüree mit magerem Geflügelfleisch, ratsam. Wichtig ist es, die Kost in mehreren, kleinen Portionen anzubieten.

Tipp zur Futtermenge

Die Magenkapazität von Hunden wird oftmals überschätzt. Die Futteraufnahmekapazität beträgt gerade einmal zwei bis drei Prozent der Körpermasse des Hundes. Für ein Feuchtfutter bedeutet dies 100 bis 150 g pro Kilogramm Körpergewicht, bzw. für Trockenfutter sind 22 bis 33 g pro kg Körpergewicht der Magengröße angemessen.

Tipps zur Futtermenge

Die Magenkapazität von Hunden wird oftmals überschätzt. Die Futteraufnahmekapazität beträgt gerade einmal zwei bis drei Prozent der Körpermasse des Hundes. Für ein Feuchtfutter bedeutet dies 100 bis 150 g pro Kilogramm Körpergewicht, bzw. für Trockenfutter sind 22 bis 33 g pro kg Körpergewicht der Magengröße angemessen.

Wie lassen sich Verdauungsstörungen im weiteren Verdauungsstrakt zuordnen?

Durchfall ist das Leitsymptom für Störungen im Bereich des Dünndarms (einschließlich Erkrankungen des Pankreas) und des Dickdarms. Das Ursachenspektrum ist sehr breit gefächert, wie die Beispiele zeigen:

  • Diätfehler, Aufnahme von Verdorbenem oder Giften, Futterunverträglichkeiten
  • Infektionen (Bakterien, Viren, Pilze) und Parasiten
  • Medikamente
  • Irritables Kolon
  • Inflammatory Bowel Disease (IBD)
  • Futterresponsive Durchfälle (Futtermittelallergie und -intoleranz)
  • Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI)
  • Pankreatitis

Wichtig ist es, zu lokalisieren, in welchem Darmabschnitt sich die Störung befindet.

Hinweise auf Lokalisation im Dünndarm: Übelriechender Kot, mit stückigen, unverdauten Nahrungsbestandteilen, wenig Schleim; Blutbeimengungen zeigen sich von dunkelbrauner bis schwarzer Farbe. Die Frequenz des Kotabsatzes ist regulär oder geringgradig gesteigert, das Kotvolumen meist leicht erhöht. Störungen im Bereich des Dünndarms sind häufig von Vomitus und lauten Darmgeräuschen begleitet. Besteht das Problem über einige Zeit, kommt es relativ rasch zum Gewichtsverlust.

Hinweise auf Lokalisation im Dickdarm: Das Kotvolumen ist unverändert oder geringgradig verringert, die Frequenz jedoch deutlich erhöht (> 5 Mal pro Tag). Der Kot besteht aus verdauter Nahrung und enthält oft Schleimbeimengungen. Ist Blut enthalten, sieht es frisch (rot) aus. Störungen im Bereich des Dickdarms gehen insgesamt seltener mit Erbrechen einher, auch ein Gewichtsverlust tritt kaum auf.

Gastrointestinale Störungen mit Lokalisation im Dünndarm

Unter dem Einfluss der Sekrete des exokrinen Pankreas erfolgt im Dünndarm die Verdauung von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten. Zudem resorbiert der Dünndarm bereits größere Mengen Flüssigkeit aus dem Nahrungsbrei.

Hinweis: Bei gastrointestinalen Störungen, die mit Erbrechen und/oder Diarrhoe einhergehen, ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme essenziell. Im Akutfall erfolgt die Rehydrierung bei massivem Flüssigkeitsverlust meist per Infusion. Allgemein gilt beim Hund eine Wassermenge von etwa einem Liter Flüssigkeit pro Tag und Tier als angemessen!

Verdauung von Kohlenhydraten: Mythos und Wahrheit von getreidefreier Hundenahrung

Im Hinblick auf Verdauungsprobleme mit Allergien oder Unverträglichkeiten als Auslöser stehen vor allem die im Futter enthaltenen Kohlenhydrate und Proteine im Fokus.

Getreidesorten als Kohlenhydratquelle werden von vielen Hundehalter:innen seit einiger Zeit kritisch betrachtet. Oftmals verleiht die Meinung, dass Wölfe sich schließlich auch überwiegend von Fleisch ernährten, dieser Haltung Nachdruck.

Hier gilt es, genau hinzuschauen, um welche Art Kohlenhydrate es sich im Futter handelt, etwa leichtverdauliche, wie Stärke und Zucker, oder schwerverdauliche, wie Zellulose. Grundsätzlich sind Hunde sehr gut in der Lage, Kohlenhydrate zu verdauen, da sich ihr Magen-Darm-Trakt – im Gegensatz zum Wolf – im Laufe der Domestikation darauf eingestellt hat.

Getreidefreie Hundenahrung eignet sich jedoch für Hunde, die nachweislich allergisch auf bestimmte Getreidesorten reagieren. Auch Hunde mit einer nachgewiesenen Giardieninfektion scheinen von einer vorübergehenden kohlenhydratarmen Ernährung zu profitieren.

Proteinverdauung

Proteine in der Nahrung spielen im Bezug auf Allergien eine bedeutende Rolle. Eine Metaanalyse zeigt, dass 75 Prozent der betroffenen Tiere auf Eiweiße vom Rind, aus Milch sowie aus Weizen allergisch reagieren. Bei einem Viertel der Allergiker sind Hühnereiweiß (aus Fleisch oder Ei), Soja und Lamm der Auslöser. Diätfuttermittel für Allergiker setzen hinsichtlich der Proteine auf zwei Strategien:

  • Hydrolisierte Proteine: Die Eiweiße sind zu so kleinen Bruchstücken gespalten, dass sie das Immunsystem nicht mehr als Allergen erkennt.
  • Novel-Proteine: Hier kommt eine Proteinquelle zum Einsatz, mit der das Tier möglichst noch nie in Kontakt kam – oft handelt es sich um eine exotisch anmutende Eiweißquelle (z. B. Känguru, Büffel oder Ziege). Auch Allergien auf Pflanzenprotein wie Kartoffeleiweiß kommen vor – hier kann Süßkartoffel ein guter Ersatz sein.

Es ist wichtig, Hundebesitzer:innen auf den richtigen Einsatz von hypoallergenem Futter hinzuweisen. Nicht selten herrscht die Meinung vor, diese Futtersorten könnten Allergien vorbeugen. Der unnötige Einsatz einer hypoallergenen Diät macht jedoch potenzielle Ernährungsoptionen zunichte, wenn tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt eine Allergie gegen Nahrungsbestandteile auftritt.

Tipp bei Futtermilben-Allergie

Neben Futterbestandteilen selbst sind auch Allergien gegen Futtermilben eine häufige Ursache von Verdauungsproblemen. Ist bei einem Hund eine Futtermilbenallergie bekannt, lässt sich mit einem einfachen Test herausfinden, ob Futtermilben im verwendeten Trockenfutter enthalten sind: Füllen Sie den Becher mit Futter und verschließen Sie ihn mit eine Klarsichtfolie. Stellen Sie den Becher auf eine Wärmequelle: Zeigt sich ein gelb-brauner Niederschlag an der Folie, ist dies ein starker Hinweis auf Milben im Futter.

Fettverdauung

Zu den häufigen Ursachen einer gestörten Fettverdauung zählt die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI). Typische Symptome sind etwa schmierig-gelblicher Kot und häufiger Absatz großer Kotmengen.
Für bestimmte Hunderassen besteht eine Rasseprädisposition (z. B. Deutscher Schäferhund).

Tipp: Werden Produkte zur Substitution bei einer Pankreasinsuffizienz eingesetzt, ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr essenziell, da die Präparate sonst nicht richtig wirken können! Als diätetische Maßnahme eignet sich außerdem gut eine Zusammenstellung von gekochten Kartoffeln (100 g), 50 ml Vollmilch und 50 g Apfelmus.

Lokalisation Dickdarm

Sind gastrointestinale Probleme im Dickdarm lokalisiert, haben diätetische Maßnahmen folgende Ziele:

  • Stabilisierung der Darmmukosa: Sie stellt eine physikalische und chemische Barriere gegen pathogene Erreger und luminale Antigene dar.
  • Darm-Mikrobiota: Förderung der gesundheitsfördernden Keime, Wachstumshemmung pathogener Erreger
  • Immunantwort: Funktionierendes Darm-assoziiertes Immunsystem (gut-associated lymphoi tissue, GALT)

Ein diätetisches Mittel, um die Vermehrung pathogener Keime im Dickdarm zu bremsen, ist eine Absenkung des pH-Werts vor Ort. Dies lässt sich über die Ernährung erreichen, zum einen mithilfe sogenannter resistenter Stärken, zum anderen durch Pektine, Zellulose und Hemizellulose.

Resistente Stärken haben die Eigenschaft, dass sie nicht wie andere Kohlenhydrate im Dünndarm verdaut werden. Erst im Dickdarm findet die Spaltung durch die Mikrobiota statt. Die bei diesem Prozess entstehende Milchsäure führt zu einer Senkung des pH-Wertes. Ein Beispiel für resistente Stärke sind Mais oder Maisprodukte wie Polenta.

Auch Pektin wird erst durch Bakterien des Dickdarms gespalten. Hierbei entstehen flüchtige Fettsäuren, kurz FFS (Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure). Die FFS dienen sowohl der Ernährung der Mikrobiota als auch der Enterozyten. Diese Effekte, also die pH-Wert-Senkung, die Unterstützung der physiologischen Darmbakterien und der Darmzellen, wirken sich günstig gegen pathogene Erreger im Dickdarm aus.

Geeignete Faserquellen sind zum Beispiel in Apfel und Möhre (Pektine), Rübenfasern, Erbsenfasern und anderen enthalten.

Weitere infrage kommende Präbiotika sind Inulin (z. B. in Topinambur, Chicorée), Lactulose, Raffinose und Stachyose (z. B. Erbsen). Es ist ratsam, die beiden Letzteren nur in moderaten Mengen einzusetzen, da es sonst zu einer vermehrten Gasbildung im Dickdarm kommt.

Hinweis: Bei Hunden mit einer EPI ist Aufmerksamkeit gefragt: Faserreiche Nahrung beeinflusst mitunter die Enzymaktivität. Eine In-vitro-Studie zeigte etwa eine deutliche Abnahme der Lipasen bei einer gleichzeitigen Fütterung von Zellulose und Pektin.

Allgemein gilt es, bei Verdauungsstörungen beim Hund die Ursache zu erkennen und – soweit möglich – abzustellen.

Bei Dünndarmdurchfall empfiehlt sich eine Nahrungskarenz von zwölf bis 24 Stunden, bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr (ggf. parenteral). Diätetisch ist eine ballaststoffarme Schonkost günstig mit hochverdaulicher Nahrung, klassischerweise etwa Reis mit Geflügel und Hüttenkäse oder Kartoffelpüree. Es sollten kleine Rationen mehrfach über den Tag verteilt werden, um den Verdauungstrakt zu entlasten.

Bei Dickdarmdurchfall ist die Erhebung der Durchfallursache unerlässlich. Durch rein symptomatische Therapiemaßnahmen ist nicht mit einer dauerhaften Besserung zu rechnen. Als diätetische Maßnahme sollte eine Schonkost über einen Zeitraum von zunächst vier Wochen eingesetzt werden. Sinnvoll ist eine hochverdauliche, fettarme Nahrung mit einem hohen Faseranteil, um den trophischen Effekt auf die Enterozyten, eine gute Wasserbindung und eine Senkung des pH-Werts zu erzielen.

Quellen:

Wolf, P.: Fokus Hund: Fütterungstipps auf den Hund gebracht. akademie.vet, mit freundlicher Unterstützung von Interquell GmbH Kohn, B., Schwarz, G.: Praktikum der Hundeklinik. 12. Auflage. Thieme Verlag 2017